Samstag, 22. Juni 2013

Frage 30: Sind 100% der Netze finanzierbar?

Frage 30: Ist eine Finanzierung von 100% an den Energienetzen möglich? 



Die Volksinitiative geht von unrealistischen Übernahmewerten in der Größenordnung von 1 bis 2 Mrd. Euro aus: Das Gutachten von Rödl & Partner und die vom Vorgänger-Senat beauftragten Gutachten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt basieren auf Schätzwerten und keinen realen Unternehmensdaten und gehen von einer Übernahme der Netze zum kalkulatorischen Restbuchwert aus. Im Bereich der Fernwärme wird in diesen Gutachten überdies lediglich auf das Fernwärmenetz abgestellt (ohne Erzeu- gungsanlagen). Die Verhandlungen mit den Energieversorgungsunternehmen und die durchgeführte Due Diligence haben gezeigt, dass diese Werte unrealistisch sind und dass ein Erwerb nur der Fernwärme-Leitungen unsinnig ist.



Die Frage, nach welchem Bewertungsmaßstab der „angemessene Übernahmewert“ für das Netzanlagevermögen ermittelt wird (Ertragswert, Sachzeitwert, kalkulatorischer Restbuchwert), wäre mit E.ON und Vattenfall nur in einem langwierigen gerichtlichen Verfahren mit offenem Ausgang zu klären. Im Übrigen ist die Regelung im Konzessionsvertrag der E.ON Hanse hinsichtlich des Sachzeitwertes und Ertragswertes bereits auf der Grundlage des neuen Energiewirtschaftsgesetzes vereinbart worden, da der Vertrag Anfang 2008 neu abgeschlossen wurde. Die Initiative geht zweifelhafterweise weiter davon aus, dass die von der Bundesnetzagentur (BNetzA) festgelegten Eigenkapitalrenditen eine Refinanzierung in einem überschaubaren Zeitraum ermöglichen:

Die von der BNetzA festgelegte Eigenkapitalrendite für Neu- und Altanlagen (9,05% und 7,14% vor Körperschaftsteuer von 15%) ist dabei nicht zu verwechseln mit den tatsächlich jährlich erzielten Renditen im regulierten Netzgeschäft. Diese können im Spannungsfeld zwischen notwendigem Netzausbau/Netzersatz und der von der BNetzA geforderten Effizienzsteigerung in den Netzgesellschaften auch deutlich unterhalb der Eigenkapitalverzinsung liegen. Die unterstellte Eigenkapitalverzinsung ist nicht dauerhaft anzunehmen und ist deutlich niedriger anzusetzen. So kann diese in der Folge nicht den Kapitaldienst leisten und ebenfalls nicht notwendige Investitionen in den Ausbau/Erhalt der Netze.

Die Finanzierungsmodelle blenden die Finanzierungsbedarfe für Investitionen und die damit in Verbindung stehenden Risi- ken vollständig aus. Werden geplante oder durchgeführte Investitionen der Gesellschaften durch die BNetzA nicht anerkannt, können sie der Erlösobergrenze bzw. den Netzentgelten nicht zugeordnet werden. Sich daraus ergebende Finanzierungsrisiken wären über kontinuierliche Nachschussverpflichtungen der Stadt auszugleichen.

Die Refinanzierungszeiträume gehen von einer statischen Entwicklung der Regulierung aus. Wie die Regulierung in der zweiten und den weiteren Regulierungsperioden (Stichwort „yardstick“ Regulierung) ausgestaltet sein wird und ob die in diesen Perioden erzielbaren Renditen die Finanzierungskosten decken, ist nicht gesichert. Überdies wird die Entwicklung des Zinsniveaus auf den Kapitalmärkten in den von der Initiative vorgelegten Finanzierungsmodellen ungenügend berücksichtigt. Im Vergleich zu einem Anteilserwerb (mit Garantiedividende) würdigen die Gutachten nicht ausreichend die deutlich höheren unternehmerischen Risiken, die sich für die Stadt bei einer vollständigen Übernahme der Netze ergeben würden.

Das Eigenkapital von Hamburg Wasser, das von den 100%- Vertreter/innen zur Finanzierung ins Spiel gebracht wird, ist größtenteils zweckgebunden (bei den Wasserwerken sogar gebührengespeist!) und kann schon aus gesetzlichen Gründen nicht zur Finanzierung eines Unternehmenskaufs verwendet werden.

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