Dienstag, 9. April 2013

Frage 9: Warum keine 100%ige Beteiligung an den Netzen?

Frage 9: Warum haben sich der Senat und die Mehrheitsfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft gegen die Übernahme von 100% an den Netzen positioniert? 

1. Ein vollständiger Rückerwerb würde einen langwierigen Rechtsstreit bedeuten und daher ein schnelles Einleiten der Energiewende verhindern. Rechtsstreitigkeiten würden zum Übertragungsanspruch hinsichtlich der Fernwärme, der Richtigkeit der von der Initiative angestrebten Vergabe der Stromkonzession an ein Städtisches Unternehmen und über die Höhe des Kaufpreises geführt werden. Eine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Kaufpreisberechnung bei Netzübernahmen gibt es noch nicht. Es besteht das reale Risiko, dass für derartige Rechtsstreitigkeiten der gesamte Instanzenzug ausgeschöpft wird – wir damit fünf bis zehn Jahre vergeuden ohne Netzeigentum und Energiewendefortschritte. Das ist angesichts der Handlungsbedarfe gerade in den nächsten Jahren nicht hinzunehmen.


Auch die Rekommunalisierungsbefürworter in der Anhörung vom 22. März 2012 haben erklärt, dass ihr Konzept in der Umsetzung mindestens sechs Jahre benötigt, wobei hierbei noch nicht einmal langjährige Rechtstreitigkeiten berücksichtig sind. Eine Energiewende 2020-2025 ist aber zu spät für unsere Stadt.
Grundsätzlich gilt bei der Konzessionsvergabe in den regulierten Bereichen, dass unabhängig von den Eigentumsrechten ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren durchzuführen ist. In diesem Zuge könnten Vattenfall und E.ON erneut Konzessionen für die Nutzung öffentlichen Grundes erlangen. Kürzlich hat das Landgericht Kiel in zwei Verfahren festgestellt, dass Städte und Gemeinden bei der Vergabe von Konzessionen als Marktbeherrscher auftreten und leistungsbereite Private daher nicht diskriminieren dürfen. Eine Vergabe an Eigenbetriebe ist daher höchst problematisch und kann einen Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung bedeuten. Die Regelungen der sog. inhouse-Vergabe gelten nicht.

2. Als Eigentümer von 100% der Netze hätte die Stadt Hamburg keinen Einfluss auf die Erzeugung in der Fernwärme (eine mögliche Rückübertragung des Kraftwerkes in Wedel ist rechtlich umstritten – wobei dann auch die Stadt alleine in der finanziellen Verantwortung für das Kraftwerk stünde) – die 25,1% Lösung erlaubt dagegen einen strategischen Einfluss auf die Investitionspläne.

3. Wesentliche Forderungen der Initiative wie z. B. Senkung der CO2-Emission, Verzicht auf die Moorburg Trasse etc. können auch ohne eine 100-Prozent-Übernahme der Netze umgesetzt werden.

4. Zudem läge das unternehmerische Risiko vollständig bei der Stadt Hamburg. Es besteht keinerlei operative Erfahrung mit dem Betrieb von Energienetzen. Hamburg Energie wurde als Produzent und Belieferer von Endkunden mit erneuerbaren Energien gegründet. Daneben bestehen aus gebührenrechtlichen und regulatorischen Gründen keine Möglichkeiten, den Gleichordnungskonzern Hamburg Wasser beziehungsweise Hamburg Energie für den Betrieb der Netze zu nutzen (hier entstünde auch das rechtliche Problem der Trennung von Produktion/Netz/Vertrieb). Hamburg müsste zudem die Investitionen in die Netze alleine schultern, was die Erlösmargen deutlich reduziert.

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